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Die Überstunden im Arbeitszeitgesetz: Was Arbeitgeber über ihre Grenzen, Auszahlung und Erfassung wissen müssen

Erstellt von Anastasia Glawatzki | | Zeiterfassung

4,5 Millionen Arbeitnehmende haben 2021 Mehrarbeit geleistet. Vor allem in der Finanz- und Versicherungsbranche sowie in der Energieversorgung stehen Überstunden auf der Tagesordnung. Diese Regelungen zu Überstunden musst du beachten, damit du auch zu betriebsintensiven Zeiten immer genug Mitarbeitende zur Stelle hast, ohne das Arbeitszeitgesetz zu verletzen.

Kurz und knapp: Alles Wichtige zu Überstunden

In den meisten Fällen dürfen deine Mitarbeitenden kurzfristig bis zu 60 Stunden in der Woche leisten, also zehn Stunden täglich. Dafür muss die Option auf Überstunden jedoch im Arbeits- oder Tarifvertrag enthalten sein.

In der Regel werden Überstunden durch zusätzliche Zahlungen oder Freizeit ausgeglichen. In begrenztem, klar definierten Umfang können sie jedoch auch durch den monatlichen Lohn oder das Gehalt pauschal abgegolten werden. Dabei gibt es jedoch Ausnahmen, z. B. bei den Spitzenverdienern.

Um ihren Anspruch auf Ausgleich durchzusetzen, müssen Arbeitnehmende ihre Überstunden nachweisen. Wir empfehlen dir dafür eine digitale Zeiterfassung, da sie die genaue tägliche Arbeitszeit erfasst und so Überstunden frühzeitig sichtbar macht. Auch bei der Berechnung der Überstundenzuschläge kann dir digitale Zeiterfassung helfen.

Wo liegt der Unterschied zwischen Überstunden und Mehrarbeit?

Sowohl Überstunden als auch Mehrarbeit bezeichnen Situationen, in denen die reguläre Arbeitszeit überschritten wird. Sie beziehen sich jedoch auf unterschiedliche Grundlagen. Überstunden ergeben sich, wenn Mitarbeitende täglich länger arbeiten als in ihrem Arbeitsvertrag vorgesehen. Dies muss vom Arbeitgeber angeordnet oder geduldet werden.

Bei Mehrarbeit überschreiten Mitarbeitende die gesetzlich oder tariflich zulässige Arbeitszeit. Im Normalfall sind das alle Stunden, die über die gesetzlich vorgegebenen 10 Tages- bzw. 60 Wochenstunden hinausgehen. In beiden Fällen müssen Arbeitgeber die zusätzlich geleistete Arbeitszeit ausgleichen.

Wie viele Überstunden sind erlaubt?

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt die maximale täglich zulässige Arbeitszeit. Diese beträgt acht Stunden, also 48 Wochenstunden ausgehend von einer Sechs-Tage-Woche. Wenn deine Angestellten nur 40 Stunden in der Woche arbeiten, sind also acht Überstunden gesetzlich möglich.

Das Gesetz weitet diese Regelung allerdings weiter aus. Arbeitnehmende dürfen über einen begrenzten Zeitraum 10 Stunden täglich arbeiten, wenn diese Überstunden kurzfristig durch verkürzte Arbeitszeiten ausgeglichen werden. Die Frist dafür sind 6 Monate oder 24 Wochen. Anders ausgedrückt: Innerhalb von 24 Wochen soll die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit nicht höher sein als acht Stunden, kurzfristig dürfen die Beschäftigten aber bis zu 60 Stunden in der Woche leisten. Falls deine Mitarbeitenden bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt sind, müssen die Arbeitszeiten zusammengezählt werden.

Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen können auch andere Vorschriften enthalten. 

Tipp: Auch wenn Überstunden anfallen, muss die gesetzliche Ruhezeit von 11 Stunden nach Ende des Arbeitstages eingehalten werden. Tarifverträge oder branchenspezifische Regelungen können jedoch Ausnahmen festsetzen – z. B. Notdienstpläne in Krankenhäusern. Mehr über die gesetzlichen Ruhe- und Pausenzeiten erfährst du in unserem Blogbeitrag: Streitpunkt Pause: Gesetzliche Vorschriften und Erfassen von Pausenzeit

Welche Ausnahmen gibt es im Arbeitszeitgesetz?

Das ArbZG kommt nicht ohne Ausnahmen aus. In Branchen, in denen üblicherweise an Werktagen gearbeitet wird, ist eine Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen nur in besonderen Fällen möglich. Zudem gelten für diese Personengruppen gesonderte Regelungen.

Schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen

Schwangere und stillende Mütter dürfen täglich maximal 8,5 und innerhalb von zwei Wochen maximal 90 Stunden arbeiten. Nachtarbeit zwischen 20 und 6 Uhr dürfen sie nicht ausüben, ebenso Sonn- und Feiertagsarbeit.

Jugendliche

Für minderjährige Arbeitnehmende ist die tägliche Arbeitszeit auf 8 Stunden beschränkt. Wöchentlich leisten sie nicht mehr als 40 Stunden.

Schwerbehinderte

Schwerbehinderte oder ihnen Gleichgestellte dürfen verlangen, von Mehrarbeit freigestellt zu werden.

Beschäftigte mit Mindestlohn

Vorsicht ist geboten bei Beschäftigten mit Mindestlohn oder einer nur gering höheren Bezahlung. Wenn sie unbezahlte Überstunden leisten, unterschreitet der durchschnittliche Stundenlohn schnell den Mindestlohn. Darauf solltest du als Arbeitgeber besonders achten.

Teilzeitbeschäftigte

Alles, was über die vertragliche Regelung hinausgeht, sind Überstunden – entsprechend kann auch eine Teilzeitkraft mit weniger als acht Arbeitsstunden am Tag Überstunden ansammeln. Dies ist jedoch mit einem Risiko verbunden. Wenn die Teilzeitkraft über mehrere Jahre als Vollzeitkraft eingesetzt wird, ohne, dass es eine Ausgleichsmöglichkeit gibt, kann sich der Arbeitsvertrag stillschweigend ändern. Rechtlich wird also angenommen, dass die Mehrarbeit abgesprochen ist – Teilzeit geht in Vollzeit über.

Wenn du zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr so viele Überstunden einforderst und zur ursprünglich vereinbarten Stundenregelung zurückkehren möchtest, muss der Mitarbeitende damit einverstanden sein.

Um bei Teilzeitbeschäftigten jederzeit einen Überblick über die geleisteten und anfallenden Stunden zu behalten, empfehlen wir dir digitale Zeiterfassung. Bei clockin kannst du Arbeitspläne für deine Beschäftigten anlegen und so Plus- und Minusstunden sofort einsehen.

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Weitere Ausnahmen

Arbeitnehmende, die ihre anvertrauten Personen zu Hause erziehen, pflegen oder betreuen sowie Arbeitnehmende, die im liturgischen Bereich der Kirchen oder in Religionsgemeinschaften tätig sind, sind ebenfalls vom ArbZG ausgenommen. Für sie gelten gesonderte Regeln. 

Darf der Arbeitgeber Überstunden einfordern?

Grundsätzlich gilt: Wenn im Arbeits- oder Tarifvertrag eine entsprechende Klausel enthalten ist, darfst du Überstunden einfordern. Diese müssen jedoch für die Mitarbeitenden zumutbar sein. So musst du vor der Anordnung von Überstunden

  • die persönliche Situation des Angestellten,
  • den betrieblichen Bedarf,
  • den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz berücksichtigen.

Zudem muss der Betriebsrat den verordneten Überstunden zustimmen. Wenn der Betriebsrat nicht an der Entscheidung beteiligt wird, kann sich der Arbeitnehmende weigern, Überstunden zu erbringen.

In Notsituationen, in denen unvorhergesehene Ereignisse wie Wasserrohrbruch den Betrieb gefährden, kannst du auch Überstunden verlangen, ohne, dass diese im Vertrag geregelt sind. Auch in dem Fall müsst ihr die Höchstarbeitszeit von zehn Stunden beachten.

Ab 10 Überstunden oder 50 Stunden in der Woche (bei einer 40-Stunden-Woche) dürfen Mitarbeitende weitere Überstunden ablehnen. Dadurch darf keine Benachteiligung entstehen – das bedeutet, du kannst den betroffenen Angestellten nicht aufgrund seiner Weigerung kündigen. 

Sind unbezahlte Überstunden zulässig?

2.090.000 Arbeitnehmende haben 2021 unbezahlte Mehrarbeit geleistet. Diese ist nur zulässig, wenn der Arbeits- oder Tarifvertrag sie vorgibt – ansonsten müssen die Überstunden mit Gehalt oder Freizeit ausgeglichen werden.

Überstundenpauschale

In der Praxis werden anfallende Überstunden häufig pauschal durch den Lohn oder das Gehalt abgegolten. Allerdings bestimmt die Formulierung darüber, ob diese rechtsgültig ist. Als Arbeitgeber darfst du nicht ohne zeitliche Begrenzung unbezahlte Überstunden einfordern. Klauseln wie „Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist etwaig notwendig werdende Über- und Mehrarbeit abgegolten“ sind gesetzeswidrig, da der Arbeitnehmende nicht weiß, worauf er sich einlässt. Wenn du Überstunden also pauschal abgelten möchtest, musst du im Arbeitsvertrag klar beschreiben, wann wie viele Stunden geleistet werden sollen. Diese beiden Varianten sind denkbar:

  1. 10 Prozent der Wochenarbeitszeit werden pauschal als Überstunden abgegolten.
  2. Eine konkrete Stundenanzahl im Monat wird pauschal als Überstunden abgegolten.

In beiden Fällen bleiben die Überstunden über eine Mindestzeit von drei Monaten erhalten und verfallen nicht.

Dienste höherer Art und leitende Angestellte

Bei den sogenannten „Diensten höherer Art“ sind unbezahlte Überstunden üblich. Es handelt sich um Beschäftigungen, in denen ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen der Person besteht, die den Dienst ausübt und der, die diesen empfängt. Ärzte, Steuerberater oder Rechtsanwälte gehören dazu. In diesen Berufen ist eine Auszahlung von Überstunden nicht üblich – besonders ab einer bestimmten Gehaltsstufe. Allerdings kann auch in diesen Fällen etwas anderes vereinbart oder in einem Tarifvertrag festgehalten werden.

Dasselbe trifft auch auf leitende Angestellte zu. Darunter werden Personen gefasst, die …

  • … eine Prokura innehaben.
  • … selbst andere Mitarbeitende entlassen oder einstellen können.
  • … für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens verantwortlich sind, ihre Entscheidungen hauptsächlich eigenständig fällen oder maßgeblich beeinflussen.

Spitzenverdienende

Mitarbeitende, die deutlich mehr verdienen als der Durchschnitt und damit die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreiten, bekommen keine Überstundenauszahlung. Diese deutlich herausgehobene Vergütung lag 2019 bei 80.400 Euro Jahresbruttoeinkommen in West- und 73.800 in Ostdeutschland. Zu den Spitzenverdienern gehören meistens auch die Personen, die einen Dienst höherer Art ausüben und/oder ein Unternehmen leiten.

Wie werden Überstunden abgegolten?

Treffen die Ausnahmen für unbezahlte Überstunden nicht zu, musst du die zusätzliche Arbeit ausgleichen. Dies funktioniert auf zwei Wegen: Überstundenausgleich durch Vergütung oder durch Freizeit.

Überstundenausgleich durch Vergütung

Eine explizite gesetzliche Regelung zur Bezahlung von Überstunden gibt es nicht. Daher entscheiden auch hier wieder Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen darüber, wie Überstunden abgegolten werden. Üblich sind:

  • Überstundenzuschläge (z. B. an den üblichen Arbeitstagen 25 Prozent, an Sonn- und Feiertagen 50 Prozent) oder Staffelung nach der Anzahl der geleisteten Überstunden
  • Entlohnung nach dem vertraglichen Stundenlohn

Nachtarbeit muss angemessen mit freien Tagen oder dem Zuschlag auf den Lohn abgegolten werden. Dabei muss der Zuschlag der höheren Belastung entsprechen, die Arbeitnehmende durch die Nachtarbeit erleben. Üblich sind 25 Prozent.

Überstundenabbau durch Freizeit

Statt die Überstunden auszubezahlen, kannst du deine Beschäftigten sie auch abfeiern lassen, ihnen also bezahlte freie Tage zugestehen. So können sich deine Mitarbeitenden besser erholen, was ihre Produktivität und Motivation steigert. Um rechtsgültig zu sein, muss der Freizeitausgleich ebenfalls vertraglich festgelegt werden. Wenn diese Regelung besteht, aber Mitarbeitende ihre Überstunden in den nächsten sechs Monaten nicht durch Freizeit abbauen können werden, dürfen sie diese verweigern.

Tipp: Der Überstundenabbau durch Freizeit wird nicht als Urlaub betrachtet. Wenn Mitarbeitende im Urlaub krank werden, werden ihnen die entsprechenden Tage gutgeschrieben, sodass sie diese zu einem anderen Zeitpunkt wahrnehmen können. Bei Überstundenabbau gilt diese Regel nicht.

Wann dürfen sich Mitarbeitende freinehmen?

Wenn sich Überstunden ansammeln, dürfen die Mitarbeitenden sich nicht einfach selbst einen freien Tag nehmen. Innerhalb von gesetzlichen Fristen bestimmst du als Arbeitgeber darüber, wann der Abbau von Überstunden stattfindet. Dabei solltest du auf die Interessen des Angestellten Rücksicht nehmen. Letztendlich obliegt die Entscheidung dem Arbeitgeber – so kannst du deine Beschäftigten zum Beispiel in Phasen geringer Auslastung nach Hause schicken. In manchen Verträgen ist jedoch geregelt, dass Mitarbeitende selbst ihre freien Tage bestimmen dürfen.

Auch bei Gleitzeitkonten entscheiden meistens die Mitarbeitenden, wann sie die Überstunden ausgleichen wollen. Lebensarbeitskonten unterliegen nochmals anderen Bestimmungen. Mitarbeitende mit diesem Arbeitszeitmodell zahlen ihre Überstunden auf das Zeitkonto ein, um früher aus dem Arbeitsleben auszutreten. Daher müssen sie ihre Überstunden auch nicht im vorgegebenen Zeitraum abbauen.

Wie lassen sich Überstunden erfassen?

Um Überstunden durch Gehalt oder Freizeit auszugleichen, müssen Arbeitnehmende nachweisen, …

  • … wann und in welchem Umfang Überstunden geleistet wurden.
  • … dass der Arbeitgeber sie angeordnet oder gebilligt hat.

Dafür müssen alle Überstunden sorgfältig dokumentiert werden. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, das ArbZG einzuhalten, und haften bei Verstößen gegen die Höchstarbeitszeit. Schon jetzt müssen sie Arbeitszeit aufzeichnen, die über die täglich zulässige Stundenanzahl hinausgeht. Digitale Zeiterfassung kann dabei helfen, nicht nur die Überstunden zu erfassen, sondern die gesamte tägliche Arbeitszeit genau festzuhalten. So liegen für beide Parteien jederzeit die Fakten auf dem Tisch – auch im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung.

Welche Anforderungen sollte ein digitales Zeiterfassungssystem erfüllen? Finde es in unserer Checkliste heraus.

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Wann verfallen Überstunden?

Allgemein verjähren Überstunden zum 31. Dezember des dritten Jahres. Allerdings können im Arbeits- oder Tarifvertrag auch kürzere Regelungen enthalten sein. Die Mindestlaufzeit beträgt drei Monate.

Auch bei einer Kündigung müssen die Überstunden abgebaut werden. Ob sie durch Gehalt oder Freizeit ausgeglichen werden, hängt vom jeweiligen Vertrag ab. Wenn dieser keine konkrete Regelung vorsieht, müssen sich die Parteien einig werden.

Die Vorteile der digitalen Zeiterfassung von Überstunden

Zuverlässigkeit

Anders als Zeiterfassung auf Stundenzetteln erfasst eine Software minutengenau den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit sowie alle Pausen. Damit werden Überstunden direkt sichtbar.

Rechtssicherheit

Das EuGH-Urteil zur Zeiterfassung hat die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Gesetze zur Zeiterfassung für Mitarbeitende zu erlassen. Die Pflicht zur Zeiterfassung wird also bald kommen – und mit einer Software bist du schon jetzt für die Zukunft gerüstet.

Transparenz

Bei digitaler Zeiterfassung kannst du für jeden Mitarbeitenden Arbeitspläne und Sollstunden hinterlegen. Tatsächlich geleistete Stunden werden laufend aktualisiert und sind jederzeit für beide Parteien einsehbar. Auch für Kontrollen durch die Aufsichtsbehörden liegen stets alle erforderlichen Daten vor.

Entlastung

Graut es dir bereits davor, wenn du das nächste Mal Mehrarbeit und Überstunden berechnen musst? Das manuelle Eintippen in Excel ist aufwändig und fehleranfällig. Unsere digitale Zeiterfassung clockin kannst du über Schnittstellen direkt mit deiner Lohnbuchhaltung verbinden und die Zeitfresser in der Verwaltung automatisieren.

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Über die Autorin

Anastasia Glawatzki ist bei clockin Expertin für die Themen Digitalisierung und Mittelstand. Sie ist begeistert von den Möglichkeiten der Digitalisierung und hilft kleinen und mittelständischen Firmen bei der Bewältigung der klassischen Herausforderungen. Auf unserem Blog schreibt sie über digitale Transformation, smarte Lösungen und die Zukunft der Arbeitswelt.

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