Sind Überstunden 2025 steuerfrei? – Das steht im Koalitionsvertrag

Karla Terhaar
10.4.25
April 15, 2025
Neuigkeiten

Steuerfreie Überstunden sind schon seit einigen Monaten im Gespräch. Jetzt wurden im neuen Koalitionsvertrag der SPD und CDU/CSU Vereinbarungen festgelegt – darunter auch das Thema der Versteuerung von Überstunden. Wir haben den aktuellen Stand für dich und einen Ausblick, wie es jetzt weitergeht.

Die deutsche und die europäische Flagge wehen vor den imposanten Säulen eines historischen Gebäudes mit reich verzierten Fassadenelementen.

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Alle wichtigen Punkte im Überblick

Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD soll Anreize zur Mehrarbeit bieten

Im Koalitionsvertrag vom 09.04.2025 wird festgeschrieben, dass Überstundenzuschläge steuerfrei werden sollen.

Achtung: Wortwahl!

Auch wenn viele Medien und auch Markus Söder selbst von "steuerfreien Überstunden" sprechen, empfiehlt sich ein Blick in den Koalitionsvertrag. Tatsächlich soll das neue Gesetz sich nur auf die Zuschläge auf Überstunden beziehen und nicht auf den vollen Stundnelohn.

Teilzeitarbeit wird ausgeschlossen

Wie in den Sondierungsgesprächen schon angedeutet, soll sich das neue Gesetz nur auf Arbeitnehmer beziehen, die "tarifvertraglich beziehungsweise an Tariverträgen orientierte Vollzeitarbeit" leisten (mindestens 34 Stunden bzw. 40 Stunden die Woche).

Die wichtigsten Fragen im Überblick

Sind Überstunden ab 2025 steuerfrei?

Grundsätzlich hat es noch kein Gesetz dazu gegeben, dass Überstunden ab 2025 steuerfrei sind. Zwar haben sich CDU/CSU und SPD darauf geeinigt, dieses Gesetz gemeinsam verabschieden zu wollen, doch passiert das erst, wenn eine Regierung gebildet wurde.

Werden Überstunden 2025 steuerfrei ausgezahlt?

Im Koalitionsvertrag wurde beschlossen, die Zuschläge auf Überstunden steuerfrei zu machen. Das bedeutet, auf den Grundstundenlohn der Überstunden werden dennoch Steuern gezahlt. Was der Arbeitgeber als Zuschuss obendrauf zahlt allerdings nicht – aber auch das erst, sobald ein Gesetz da ist.

Inhalt

Steuerfreie Zuschläge statt steuerfreie Überstunden 

Im neuen Koalitionsvertrag der CDU/CSU und SPD um steuerfreie Überstunden geht es vor allem darum, Arbeitnehmer zu entlasten. Seit Beginn 2025 sind Beitragskosten für Versicherungen deutlich gestiegen. Das bedeutet für den Verbraucher: weniger Nettolohn. Als Ausgleich sollen nun Überstunden anders versteuert werden. 

Markus Söder zeigt sich auf der Pressekonferenz von Union und SPD am 09. April 2025 begeistert und erklärt in seiner Rede: 

"Die Einkommenssteuer wollen wir für die Mittelständischen, aber auch für die vielen fleißigen Leute im Land senken. Überstunden sind steuerfrei und ja, die Pendlerpauschale wird gesenkt, der Gastrosteuer wird gesenkt und auch im Bereich Agrar bleiben wir bei den Sondierungsversprechen."

Söders Rede darf allerdings nicht wörtlich genommen werden: Tatsächlich geht es hier aber nicht um den vollen Stundenlohn der Überstunden. Stattdessen wird im Koalitionsvertrag von steuerfreien Zuschläge gesprochen, wie wir das auch schon von Feiertags- und Nachtzuschlägen kennen. Arbeitnehmer können also beispielsweise auf geleistete Überstunden einen Zuschlag von 50 % geben. Das bedeutet in einem Beispiel: 

Stefan erhält einen Stundenlohn von 20 € brutto und arbeitet im Monat 170 Stunden. Er zahlt im Monat circa 30 % seines Bruttogehalts an Abgaben. Das sind

Bruttogehalt: 3.400 Euro

Nettogehalt: 2.380 Euro

In einem Monat ist besonders viel los und er arbeitet 200 Stunden , macht also 30 Überstunden. Auf diese Stunden erhält er 50 Prozent Überstundenzuschlag. Damit erhält er zur Zeit:

Bruttogehalt: 3.400 Gehalt + 600 Überstunden + 300 Zuschlag = 4.300 Euro

Nettogehalt: 3.010 Euro

Erhält er allerdings den Zuschlag steuerfrei, wird dieser in Zukunft nicht mehr auf das Bruttogehalt, sondern direkt auf das Nettogehalt berechnet. Dadurch entsteht folgende neue Rechnung:

Bruttogehalt: 3.400 Gehalt + 600 Überstunden = 4.000 Euro

Nettogehalt: 2.800 Gehalt + 300 Zuschlag =

3.100 Euro

Dieses neue Gesetz soll zukünftig sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern neue Vorteile bieten. Vor allem Arbeitnehmer profitieren von einem höheren Nettoeinkommen. Arbeitgeber können einen besseren Anreiz für Mehrarbeit bieten und damit die Motivation der Mitarbeiter steigern. Doch müssen auch Kosten und Nutzen abgewogen werden. Denn, wenn Mitarbeiter mehr Überstunden leisten, steigen damit die Personalkosten für den Arbeitgeber. 

Mehrarbeit attraktiver machen – für Vollzeitkräfte 

Arbeitnehmer können nicht unendlich viele Überstunden leisten. Stattdessen müssen die täglichen Höchstarbeitszeiten eingehalten werden. Das bedeutet Mitarbeiter dürfen: 

  • täglich nicht mehr als 8 Stunden arbeiten. 
  • wöchentlich nicht mehr als 48 Stunden arbeiten. 

Grundsätzlich dürfen diese Höchstarbeitszeiten zwar überschritten werden, nämlich um 2 Stunden täglich. Das Gesetz schreibt aber vor, dass alles, was über 8 Stunden täglicher Arbeitszeit hinausgeht, innerhalb von 6 Monaten mit Freizeit wieder ausgeglichen werden muss. Der Arbeitgeber kann diese Arbeitszeit also nicht einfach entlohnen, sondern muss dem Arbeitnehmer ermöglichen, die Stunden abzufeiern. Leistet ein Mitarbeiter also schon 48 Stunden in der Woche, hat er keinen Anspruch auf den steuerfreien Zuschlag. 

Aber auch hier schlägt der Koalitionsvertrag einige Änderungen vor: Es sollen wöchentliche Höchstarbeitszeiten statt der täglichen Höchstarbeitszeiten eingefürht werden. Das würde nicht mehr Flexibilität in der Planung von Arbeitszeiten geben, sondern erleichtert auch das Sammeln von Überstunden.

Steuerfreie Überstunden - ein Gesetz für Männer?

Schon von Beginn an wird darüber diskutiert, wie es dann mit Teilzeitkräften aussieht. Denn diese kommen nicht so schnell an die gesetzliche Höchstarbeitszeit heran. Das angekündigte Gesetz würde es also attraktiver für Arbeitnehmer machen, vertraglich in Teilzeit zu arbeiten und über unversteuerte Überstundenzuschläge das Nettogehalt zu erhöhen. 

Um das zu verhindern, fügen CDU/CSU und SPD dem Koalitionsvertrag den Zusatz hinzu, dass hier nur Mehrarbeit betroffen sei, die über die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen. 

Der Streitpunkt ist jetzt allerdings, dass von der Regelung mehrheitlich Männer profitieren.  Frauen arbeiten deutlich häufiger in Teilzeit als Männer. Laut dem Statistischen Bundesamt arbeiten derzeit 50 Prozent der Frauen in Teilzeit, bei den Männern sind es nur 13 Prozent. 50 Prozent der arbeitenden Frauen hätten also gar keinen Anspruch auf die steuerfreien Überstunden. 

An dieser Stelle erklären SPD und CDU/CSU:

"Wir werden einen neuen steuerlichen Anreiz zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten schaffen: Wenn Arbeitgeber einer Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit zahlen, werden wir diese Prämien steuerlich begünstigen".

Das heißt also, wenn der Arbeitgeber eine Prämie für Teilzeitmitarbeiter erlässt, um beispielsweise für Gleichberechtigung im Unternehmen zu sorgen, sollen diese ebenfalls steuerfrei sein.

Auszahlung von Überstunden mit Zustimmung des Arbeitgebers 

Zu der Diskussion kommt noch ein weiterer Faktor hinzu: Arbeitnehmer haben nur dann einen Anspruch auf die Auszahlung ihrer Überstunden, wenn 

  1. die Überstunden im Rahmen der Höchstarbeitszeiten geleistet werden, 
  2. der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet hat, 
  3. und in Betriebsverordnungen, Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen nicht festgeschrieben ist, dass sie mit Freizeit ausgeglichen werden. 

Das heißt also, der Arbeitgeber hat einen gewissen Entscheidungsfreiraum. Zuschläge sind zudem nicht verpflichtend. In einigen Tarifverträgen steht eine Pflicht zu Überstundenzuschlägen bereits festgeschrieben, gesetzlich gibt es aber keine Vorgaben. Sollte das den neuen Steuerregelungen der Überstunden nicht hinzugefügt werden, sinkt die Wahrscheinlich ebenfalls, dass Mitarbeiter steuerfreie Überstundenzuschläge erhalten. 

Wann kommen die steuerfreien Überstunden? 

Im Koalitionsvertrag von 2025 zwischen CDU/CSU und SPD steht: 

"Wir stellen umgehend Überstundenzuschläge steuerfrei [...]"

Auch wenn das vielleicht im ersten Moment so klingt, als wären Überstundenzuschläge ab der Unterschrift der Parteien steuerfrei, müssen wir dich leider enttäuschen. Der Koalitionsvertrag ist kein geltendes Gesetz, sondern ein politisches Versprechen.

Damit die Steuerfreiheit wirksam wird, muss also ein neues Gesetz erlassen werden. Das geht auf zwei verschiedenen Wegen: 

  1. Gesetzgebungsverfahren: Maßnahmen, die Gesetze erfordern, müssen erst durch den Bundestag und ggf. durch den Bundesrat. Je nach Komplexität kann das ebenfalls Wochen bis Monate dauern.
  2. Sofortmaßnahmen: In einigen wenigen Fällen können Verordnungen allerdings auch schneller entschieden werden. Ob das hier greift, ist aber unklar.

Bis Überstundenzuschläge also tatsächlich steuerfrei sind, müssen wir uns noch ein wenig gedulden.

Fazit: Überstunden steuerfrei machen – Vorteil oder leeres Versprechen? 

Arbeitnehmer zu entlasten, indem sie weniger Steuern zahlen müssen, ist immer ein guter Anreiz. Gerade, wenn es darum geht, die Stunden zu belohnen, die Mitarbeiter außerhalb ihrer vertraglichen Arbeitszeiten leisten. Dennoch bleiben viele Fragen offen: Inwieweit profitieren die Arbeitnehmer wirklich von steuerfreien Zuschlägen? Gerade, wenn diese nicht tarifvertraglich verpflichtet sind, erreicht das neue Gesetz möglicherweise nur bis zu 50 % der Arbeitnehmer. 

In jedem Fall: Überstunden sollten immer sauber erfasst werden - Sonst ist Streit vorprogrammiert. Das geht automatisiert mit digitaler Zeiterfassung. Die clockin App ermöglicht eine saubere Erfassung der Arbeitszeiten und dank der individuellen Arbeitspläne werden Überstunden automatisch dokumentiert. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können die erfassten Zeiten jederzeit im Arbeitszeitkonto einsehen. So gehören Diskussionen über Überstunden der Vergangenheit an.